April 20, 2024

Kolumne 15.02.2016

Kolumne vom 15.02.2016 – Nr. 391


Camilla Läckbergdaumen rauf

Die Schneelöwin

Die Schneelöwin

Ein junges Mädchen wird gefunden, das Zeichen schwerster Misshandlungen aufweist. Weitere Mädchen werden vermisst. Auf der Suche nach dem Täter bittet Kommissar Patrik Hedström seine Frau, Schriftstellerin Erica Falck, um Hilfe. Für ihr nächstes Buch interviewt sie im Gefängnis regelmäßig eine Frau, die 1975 ihren Mann tötete, der mit einem Zirkus nach Fjällbacka gekommen war. Ihr Mordmotiv: Er hatte die gemeinsame, ungewöhnlich wilde Tochter im Keller angekettet, weil er ihrer nicht Herr wurde. Patrik erhofft sich Hinweise auf die Psyche von Menschen, die in der Lage sind, Kindern so etwas anzutun. Doch je länger Erica mit der Verurteilten spricht, umso deutlicher wird, dass die Dinge damals anders gewesen sein müssen. Erica verfolgt der Gedanke, bei ihr irgendetwas übersehen zu haben.

Camilla Läckberg ist und bleibt Skandinaviens Krimi-Queen! Die Schwedin schreibt einen Bestseller nach dem anderen. Ihre Serie um Kommissar Patrik Hedström und Schriftstellerin Erica Falck ist heißgeliebt von den Fans der Reihe. Ihr aktueller Krimi “Die Schneelöwin”, dem neunte Fall der beiden, führt einen hinab in die dunklen Kammern der Psyche. Hier spielt sich Schreckliches ab. Der Fall, wie das Privatleben der Figuren, lässt die Lesezeit nur so dahinschmelzen. “Die Schneelöwin” ist ein verstörender und ausgefeilter Kriminalroman! Camilla Läckberg legt damit einen ihrer besten Krimis vor.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Die Thriller-Stimme Nina Petri ergänzt sich gut mit Gesa Geue, Vanida Karun und Hannah Winter. Eine abwechslungsreiche Krimilesung! 19,99 Euro.

List, 435 Seiten; 19,99 Euro


Tim Glencrossdaumen runter

Barbaren

BarbarenDie Ära Blair geht zu Ende, aber seine Londoner Clique feiert weiter. Mittelpunkt der Salonlöwen und Kabinettsmitglieder auf der Party des linken Intellektuellenpaars Howe-Depree ist deren schöne Adoptivtochter Afua. Neben diesem aufgehenden Stern am Labour-Himmel wirkt nicht nur ihr Bruder Henry reichlich unbedeutend, sondern auch dessen Schwarm, die Nachwuchslyrikerin Buzzy. Sie begeht einen Fauxpas und wird nicht wieder eingeladen. Aber im Laufe der nächsten Jahre wird nicht nur das politische Blatt sich wenden. Ist es symptomatisch, dass der sanfte Henry nun für den politischen Gegner arbeitet? Und Buzzy sich auf eine Beziehung mit einem viel älteren Staranwalt einlässt? Nur Afua verfolgt ungerührt ihre Karriere, auch wenn Mann und Kind dabei auf der Strecke bleiben …

Ein Roman, von dem ich mir viel versprochen hatte. Doch leider ist hier nur eines edel, die Langeweile. Ein Roman, der die britische Gesellschaft teils glänzend porträtiert, bei dem aber die Langeweile stets Trumpf ist. Schon in der Eröffnungssequenz bekommt man geboten, was Tim Glencross den Roman lang anbietet. Ein schieres Durcheinander an Figuren, die alle schlecht beschrieben sind und fast nur aus ihren Namen bestehen, gähnende Dialoge und der Snobismus wohnt dem Roman immer inne. Das ist kein Markenzeichen bei dieser Lektüre. Ein gefeierter Roman, der wohl nur in gewissen Kreisen wirklich gefeiert wird. “Barbaren” – ein reißerischer Titel mit wenig Biss!

Berlin Verlag, 414 Seiten; 22,00 Euro


Boris Fishmandaumen rauf

Der Biograf von Brooklyn

Der Biograf von BrooklynDen Journalisten Slava Gelman aus Manhattan und seine aus der Sowjetunion nach Brooklyn emigrierte, schrullige Familie trennen nur ein paar U-Bahn-Stationen – und doch Welten. Nun ist Slavas Großmutter Sofia gestorben, gleichzeitig trifft ein Brief der „Konferenz für jüdische Schadensersatzansprüche gegen Deutschland“ ein. Ob Sofia eine Vergangenheit zu erzählen hat, die eine Entschädigung rechtfertigt? Slavas Großvater wittert eine Gelegenheit. Auch wenn Sofias Schicksal nicht den strengen Anforderungen für eine solche Zahlung entspricht: Ist sein Enkel nicht Schriftsteller? Slava wird unfreiwillig zum Biografen seiner Familie. Wenig später kann er sich vor Aufträgen aus der Nachbarschaft kaum retten – bis die ganze Sache aufzufliegen droht …

Ein Roman der übersprudelt vor erzählerischem Talent und Sprachwitz! Man liest die Geschichte wie im Rausch, jede Seite hat etwas zu bieten. Und dann ist man sehr böse auf Boris Fishman, dass der Roman nur 379 und nicht 800 Seiten hat. Man hätte immer weiterlesen können. “Der Biograf von Brooklyn” zeigt den Mikrokosmos von vor allem russischen und jüdischen Einwanderer in Amerika, die dort oft abgeschottet leben. Hier spielt sich das Leben ab, und wie. Wie sehen sie Amerika, wie ihre alte Heimat? Das erfährt man. Doch es geht vorwiegend um die Vergangenheit. Das Bewältigen eines Traumas, und wie kann dafür jetzt zumindest etwas Entschädigung bekommen. “Die Biograf von Brooklyn” ist witzig, traurig, melancholisch, fröhlich, erhellend, frech, und niemals langweilig!

Blessing, 379 Seiten; 19,99 Euro


Victor Sebestyendaumen rauf

1946 – Das Jahr, in dem die Welt neu entstand

1946  Das Jahr in dem die Welt neu entstandNach dem zerstörerischsten aller Kriege ordnet sich die Welt von Grund auf neu. Aber auch neue Konflikte entstehen: Das Buch erzählt von Politikern und Revolutionären, von Churchill, Stalin, Truman, Mao oder Gandhi, und von globalen Entwicklungen, die bis heute bestimmend sind. Sein Schauplatz ist die ganze Welt. Auch betrachtet er vernachlässigte Ereignisse wie etwa jene in der Türkei oder Aserbaidschan, wo die ersten Stellvertreterkriege zu eskalieren drohen. Und wer weiß schon, wie die Amerikaner und Briten hinter den Kulissen um die atomaren Geheimnisse gerungen haben?

Ein Buch, das auf so viele Brennpunkte nach dem Ende des 2. Weltkrieges eingeht, dass man sich die Augen reibt. Eine Fülle an prägnantem Wissen, was der in London lebende Ungar Victor Sebestyen hier vermittelt. “1946” ein Jahr voller weitreichender Entscheidungen, die mehr als ein halbes Jahrhundert von großer Tragfähigkeit sein würden und teils auch heute noch sind. Das Buch vermittelt kompaktes Wissen in einer spannenden Komposition!

Rowohlt Berlin, 539 Seiten; 26,95 Euro


Olaf Stapledondaumen rauf

Die letzten und die ersten Menschen

Die letzten und die ersten Menschen

Was wird uns in 100 Jahren erwarten, welche Zivilisationen werden in 1.000 Jahren regieren, welche Kriege in 500.000 Jahren geschlagen? Welchen kosmischen Lebensformen werden wir in Milliarden Jahren begegnen, und wie wird die Menschheit in undenkbarer, entferntester Zukunft ihr Ende finden? Der Autor erzählt hier die gesamte Menschheitsgeschichte von der Gegenwart bis zum Sterben der letzten Galaxie.

Ein bahnbrechender Science-Fiction -Klassiker! 1930 das erste Mal erschienen, erscheint er heute in manchen Dingen vielleicht antiquiert, aber in diesem Roman (halb Sachbuch) geht es doch nicht um exakte Vorhersagen, sondern um die Menschheit im Ganzen, wie es mit ihr weiter- und irgendwann zu Ende geht. Wenn man bedenkt, dass das Buch 1930 veröffentlicht wurde, kann man es getrost als bahnbrechend für die damalige Zeit beschreiben. Da es aber eine so weit vorausschauende Zeit betrachtet, liest man es auch heute noch mit großem Staunen. Olaf Stapledons Ideenreichtum kennt keine Grenzen!

Piper, 464 Seiten; 25,00 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

Elizabeth Little

Mördermädchen

Mördermädchen-Hörbuch

Janie Jenkins hat alles: Ruhm, Geld und gutes Aussehen. Doch dann wird ihre Mutter ermordet – und alle Beweise sprechen gegen sie. Das Problem: Janie kann sich selbst nicht daran erinnern, was in jener Nacht geschehen ist. Als sie zehn Jahre später aus dem Gefängnis entlassen wird, macht sie sich auf die verzweifelte Suche nach der Wahrheit. Eine Spur führt sie in die kleine Stadt Adeline in South Dakota, wo sie unter falscher Identität Stück für Stück die Vergangenheit ihrer Mutter entschlüsselt. Warum musste diese sterben – und trägt Janie tatsächlich Schuld an ihrem Tod?

Elizabeth Little, studierte in Harvard, hat mit ihrem Debütroman in den USA einen Bestseller gelandet. “Mördermädchen” ist ein kesse Kriminal- und Familiengeschichte! Janie hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen oder zumindest denkt sie sich diesen. Das lockert die Geschichte immer wieder auf. Äußerst spannend ist Janies Suche nach der Wahrheit. Und das Ende hat dann auch noch mal einen Knalleffekt zu bieten. Für dieses Hörbuch hätte man keine bessere Sprecherin als die taffe und coole deutsche Schauspielerin Nora Tschirner finden können. Sie macht sich die Figur der Janie Jenkins vollkommen zueigen. Man könnte sich Nora Tschirner gar in einer Verfilmung vorstellen. Kurze Textstellen werden dann noch gelesen von Oliver Siebeck.

Auch als Taschenbuch erhältlich bei Goldmann, 9,99 Euro.

Der Hörverlag, 1 MP3 CD, 435 Minuten; 12,99 Euro


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