April 19, 2024

Kolumne vom 17.09.2018

Aktuelle Kolumne vom 17.09.2018 – Nr.526


Stephen King

daumen rauf

Der Outsider

Der Outsider

Im Stadtpark von Flint City wird die geschändete Leiche eines elfjährigen Jungen gefunden. Augenzeugenberichte und Tatortspuren deuten unmissverständlich auf einen unbescholtenen Bürger: Terry Maitland, ein allseits beliebter Englischlehrer, zudem Coach der Jugendbaseballmannschaft, verheiratet, zwei kleine Töchter. Detective Ralph Anderson, dessen Sohn von Maitland trainiert wurde, ordnet eine sofortige Festnahme an, die in aller Öffentlichkeit stattfindet. Der Verdächtige kann zwar ein Alibi vorweisen, aber Anderson und der Staatsanwalt verfügen nach der Obduktion über eindeutige DNA-Beweise für das Verbrechen – ein wasserdichter Fall also? Doch Maitland hat auch ein wasserdichtes Alibi. Wie kann das sein? Wie erklärt es sich, dass er an zwei Orten zugleich war?

Fesseln von der ersten Seite an, und das über viele Jahrzehnte, das kann nur einer: Stephen King! Und natürlich trifft das auch wieder auf seinen neuen Roman „Der Outsider“ zu. Ein Horror-Thriller, der es in sich hat! Das erste Drittel liest sich wie ein gekonnter John-Grisham-Roman frührer Tage, bis dann immer mehr Mystisches und dann der blanke Horror in die Geschichte einfließt. Mit „Der Outsider“ beweist Stephen King erneut, dass er sich auch im höheren Autorenalter immer noch weiterzuentwickeln weiß und trotzdem seinen bekannten Stärken treu bleibt. Ein sagenhaft guter Plot und Beschreibungen, die man als Leser aufsaugt wie ein Schwamm. „Der Outsider“ ist ein weiteres überraschendes und spannendes und Werk in Stephen Kings langer Vita!

Heyne, 751 Seiten; 26,00 Euro


Lisa Jackson

daumen runter

Dunkle Bestie

Dunkle Bestie

Grizzly Falls, Montana: Bei einer heimlichen Party im nächtlichen Wald wird Detective Pescolis Tochter Bianca von einer dunklen Bestie angefallen. Auf der Flucht stolpert sie schließlich über die Leiche ihrer seit Tagen vermissten Mitschülerin Destiny. Als ein Kriminaltechniker einen riesigen Fußabdruck neben der Toten entdeckt, gibt es in Grizzly Falls, Montana, kein Halten mehr: Eine Jagd auf die Bestie bricht aus, die sogar ein Reality-TV-Team in die Stadt lockt. Sehr zum Unmut der Detectives Pescoli und Alvarez, deren Arbeit durch den Rummel zusätzlich erschwert wird. Dann verschwindet ein weiteres Mädchen …

Lisa Jackson ist ein Garant für nervenaufreibende Thriller! Aber auch eine Bestsellerautorin vom Rang einer Lisa Jackson kann mal einen weniger guten Thriller abliefern. So geschehen mit „Dunkle Bestie“. Es ist der siebte Band der Montana-„To-Die“- Reihe rund um Detective Regan Pescoli und Detective Selena Alvarez. Das Setting stimmt bei diesem Thriller durchaus, auch können die Hauptfiguren wieder ihre Stärken einbringen, aber die Story ist etwas konfus und die Spannung wird platt getrampelt von unnötigen Ausführungen, die die Geschichte nicht voranbringen, sondern sie auf der Stelle treten lassen. 150 Seiten weniger, der Geschichte hätte es an nichts gefehlt.

Knaur, 526 Seiten; 9,99 Euro


Julie Buxbaum

daumen rauf

Tell me three things

Tell me three thingsAn ihrem ersten Tag an der neuen Highschool geht für Jessie Holmes einfach alles schief. Und dabei ist ihr Leben gerade sowieso schon kompliziert genug. Da bekommt sie eine anonyme E-Mail mit Ratschlägen, wie sie den Schulalltag überstehen kann. Sie hat zwar keine Ahnung, wer dahintersteckt, aber trotzdem beschließt sie, die Tipps zu befolgen. Und Nachricht für Nachricht verliebt sie sich mehr in den Absender. Doch wer ist der Unbekannte, der ihr Herz immer wilder schlagen lässt?

Die faszinierende Amerikanerin Julie Buxbaum hat mich schon mit „Mein Herz in allen Einzelteilen“ total begeistert. Ich war sehr gespannt auf ihren neuen Roman „Tell me three things“, ein New-York-Times-Bestseller. Und schon nach wenigen Seiten war klar, Julie Buxbaum wird mich fast 400 Seiten lang wieder begeistern. In einer so wunderschön lakonischen, erfrischenden und ehrlichen Sprache erzählt sie Jessies Leben an der neuen Highschool mit all seinen Fallstricken und in ihrem neuen, nicht gewollten Familienleben. „Tell me three things“ ist charmant, warmherzig und witzig. Eine Geschichte, die man einfach lieben muss!

One, 393 Seiten; 10,00 Euro


Marie Lacrosse

daumen rauf

Das Weingut – In stürmischen Zeiten

Das Weingut In stürmischen ZeitenWeißenburg im Elsass, 1870. Die junge Waise Irene kommt als Dienstmädchen in das Herrenhaus des reichen Weinhändlers Wilhelm Gerban. Dessen Sohn Franz glaubt an die Ideale der französischen Revolution, wofür sein Vater wenig Verständnis hat. Als Irene auf Franz trifft, verlieben die beiden sich leidenschaftlich ineinander. Doch nicht nur Standesschranken und familiäre Intrigen stehen ihrer Beziehung im Wege. Auch am europäischen Horizont ziehen dunkle Wolken auf: Ein furchtbarer Krieg bricht aus. Gegen alle Widerstände kämpfen die beiden jungen Leute um ihr Glück.

Zurzeit sind ja Romane rund um den 1. Weltkrieg angesagt. Viele Autorinnen siedeln ihre Romane zu dieser Zeit an. Marie Lacrosse geht einen anderen Weg. Sie siedelt ihre Geschichte rund um ein Weingut ein gutes halbes Jahrhundert davor an. Zu Zeiten des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71. Die historischen Details aus dieser Zeit beschreibt die Autorin detailliert und lebendig. Man ist als Leser schnell angekommen. Sie erzählt auch sehr plastisch. Auch sind ihr die Charaktere ausgesprochen gut gelungen. Die „Weingut“-Saga von Marie Lacrosse ist ein echtes historisches Highlight! Der zweite Teil folgt im April 2019.

Goldmann, 669 Seiten; 13,00 Euro


Lutz Wilhelm Kellerhoff

daumen rauf

Die Tote im Wannsee

Die Tote im Wannsee

Wolf Heller interessiert sich eigentlich nicht für Politik, doch plötzlich ist alles politisch. Ohne es zu wollen, gerät er zwischen die Fronten. Die Polizei gilt als reaktionärer Haufen, Studenten demonstrieren lautstark in den Straßen, und seine Freundin Louise zieht in eine Kommune. Da wird eine junge Frau tot am Ufer des Wannsees gefunden. Nur die roten Schlangenlederschuhe geben einen brauchbaren Hinweis auf ihre Identität. Als der Kommissar ein Bild der Schuhe in einer Berliner Zeitung veröffentlichen lässt, meldet sich eine Kollegin der Toten: Heidi Gent arbeitete in Horst Mahlers Anwaltskanzlei. Heller soll den Fall schnell abschließen. Auf der Polizei liegt noch der Schatten der Ermordung von Benno Ohnesorg, der Druck aus dem Schöneberger Rathaus ist enorm. Doch als er zufällig mitbekommt, dass sein Chef lautstark mit einem Unbekannten über die Tote streitet, lässt er nicht mehr locker.

„Die Tote im Wannsee“ ist ein Kriminalroman erster Güte! Er besticht durch reichlich Spannung, eine gut dargestellte, historisch sehr interessante Zeit in Deutschland und durch seine lebendigen Figuren. Dem Autorentrio Martin Lutz, Sven Felix Kellerhoff und Uwe Wilhelm, die sich hinter dem Pseudonym Lutz Wilhelm Kellerhoff verbergen, ist mit ihrem ersten Kriminalroman ein Volltreffer gelungen!

Ullstein, 381 Seiten; 16,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten

Die Hungrigen und die Satten

Deutschland hat eine Obergrenze für Asylsuchende eingeführt, ganz Europa ist bis weit nach Nordafrika hinein abgeriegelt. Jenseits der Sahara entstehen riesige Lager, in denen Millionen von Flüchtlingen warten, warten, warten. So lange, dass man in derselben Zeit eigentlich auch zu Fuß gehen könnte, wäre das nicht der sichere Tod. Als die deutsche Starmoderatorin Nadeche Hackenbusch das größte dieser Lager besucht, erkennt der junge Lionel die einmalige Gelegenheit: Mit 150.000 Flüchtlingen nutzt er die Aufmerksamkeit des Fernsehpublikums und bricht zum Marsch nach Europa auf. Die Schöne und die Flüchtlinge werden zum Quotenhit. Und während sich der Sender über Live-Berichterstattung mit Zuschauerrekorden und Werbemillionen freut, reagiert die deutsche Politik mit hilflosem Wegsehen, Kleinreden und Aussitzen. Doch je näher der Zug rückt, desto mehr ist Innenminister Joseph Leubl gefordert.

Timur Vermes landete mit „Er ist wieder da“ einen sensationellen und absolut außergewöhnlichen Bestseller. So war ich sehr gespannt auf sein Nachfolgewerk. Und „Die Hungrigen und die Satten“ erfüllt die Erwartung. Timur Vermes widmet sich mit seinem ganz eigenen lakonischen, satirischen Stil dem Brandthema schlechthin: Flüchtlinge. Und wie er das hochbrisante Thema versucht in einen satirischen und trotzdem ernsten Roman zu packen, wirklich gelungen. Er übernimmt hier so manches aus dem, wie die Menschen in unserem Land, in Europa damit umgehen. Unter anderem schreibt er fast immer von dem Flüchtling. Er entwürdigt damit den Menschen, genauso wie es eben viele Europäer tun. Aus Individuen mit einem eigenen Schicksal wird nur der Flüchtling. Punkt. Auch die Medienberichterstattung 2015 nimmt er gekonnt aufs Korn. Dazu zum Ende hin gehend die absolute Zuspitzung des Flüchtlingsmarsches nach Europa. Wie er damit umgeht, zeigt die Hilflosigkeit der Europäer, der Politiker, der Menschen. Timur Vermes hat mit „Die Hungrigen und die Satten“ einen der Aufreger Romane des Herbstes geschrieben! Kongenial gelesen von Christoph Maria Herbst! Was sollte man auch anderes erwarten. Schon bei „Er ist wieder da“ spielte Christoph Maria Herbst seine Stärken aus. Er bringt die Komik mit so viel Eleganz und Geschmeidigkeit herüber wie kaum ein anderen im Hörbuchmarkt. An seinem Bayerisch muss er allerdings noch etwas arbeiten. Hörprobe – 15 Min.

Die Hungrigen und die Satten COVER

 

Auch als Hardcover erhältlich bei Eichborn, 22,00 Euro

Lübbe Audio, 8 CDs, 555 Minuten; 22,00 Euro


Denglers-buchkritik.de