März 28, 2024

Kolumne vom 02.04.2018

Kolumne vom 02.04.2018 – Nr.502 


Nickolas Butler

daumen rauf

Die Herzen der Männer

Die Herzen der Männer

In den Augen seines Vaters ist Nelson eine Enttäuschung. Wer will schon ein Kind, das weder Freunde noch Selbstbewusstsein besitzt? Irgendwann lässt der Vater seinen Sohn und seine Frau zurück. Doch Nelson ist nicht ganz allein. Jonathan, sein bester Freund aus dem Pfadfinderlager, ist das genaue Gegenteil von Nelson: bei allen beliebt, pragmatisch und mit einer unverwüstlichen Leichtigkeit ausgestattet. Was aber treibt jemanden wie Jonathan dazu, sich mit einem Außenseiter anzufreunden? Und stand Jonathan wirklich immer so rückhaltlos zu ihm? Das Leben im rauen Wisconsin verlangt Nelson, Jonathan und dessen Familie Prüfungen ab, die Freundschaft und Loyalität auf eine harte Probe stellen.

„Die Herzen der Männer“ ist von Anfang bis Ende mit einem Pfadfinderlager im ländlichen Wisconsin verknüpft. Von hier aus breitet Nickolas Butler seinen berührenden Roman über die Herzen der Männer, aber auch der Frauen aus. Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Jahr 1962, setzt sich 1996 und dann 2019 fort. In jedem Jahr lernt man Anhand der Protagonisten auch die damalige und heutige Zeit kennen. Was sich im Abstand von jeweils gut 30 Jahren alles verändert hat, vor allem wie sich die Jungendlichen verändert haben. Die Männer, die Eltern haben irgendwie immer die gleichen Probleme mit ihren Kindern, mit der Liebe und auch mit dem Leben. Man sieht wie aus ungestümen Jungen kräftige Männer werden, die dann selbst Kinder bekommen, wie das Leben ihnen allen einen Strich durch die Rechnung macht, und auch wieder nicht, denn das Leben ist nun mal keine grade Linie. Die Liebe ist dabei immer ein wichtiger Teil. Sie kommt, sie geht, wie das Leben ist auch die Liebe keine gerade Linie. „Das Herzen der Männer“ ist eine Geschichte, die sich tief in mein Herz eingegraben hat. Eine wunderbarer, schlicht genialer Roman! Einer der besten Romane dieses Bücherfrühjahres.

Klett-Cotta, 477 Seiten; 22,00 Euro


Jürgen Seidel

daumen runter

Die Rettung einer ganzen Welt

Die Rettung einer ganzen Welt

New York City, Ende der 90er-Jahre: Bei einem Familientreffen erinnert sich die Jüdin Bella Servos an ihre Jugend in Berlin, findet aber kaum mehr interessierte Zuhörer. Zeit und Geschichte sind über ihr Leben hinweggerollt, die Töchter längst in einer anderen Welt angekommen. Dabei gäbe es die Familie gar nicht, hätte der arabische Arzt Dr. Fareed während des Zweiten Weltkriegs Bella nicht vor der Deportation durch die Nationalsozialisten gerettet. Vor Bellas geistigem Auge entsteht die Welt von damals: die Welt ihrer Eltern, ihrer Schulfreundinnen, ihres selbstlosen Retters und natürlich auch die von Joost, ihrer großen Liebe.

Die Idee des Romans ist nicht neu, aber seine Geschichte hört sich sehr vielversprechend an. Ist sie dann eigentlich auch. Eigentlich. Sie behandelt wichtige Themen, die damals wie auch heute wieder aktuell sind. Aber vor allem dreht es sich um die Nazizeit und das was den Juden dort Schreckliches angetan worden ist. Das dachte ich zumindest, und daher wurden meine Erwartungen leider nicht erfüllt. Die Gründe: es dreht sich in der Geschichte um noch so vieles andere, vor allem im Heute, und auf das ich gänzlich verzichten können. Auch begeht Jürgen Seidel gleich zu Anfang einen gravierenden Erzählfehler, den ihm das Lektorat tatsächlich hat durchgehen lassen. Er stellt auf drei, vier Seiten über zehn Personen vor. Da schwirrt einem der Kopf. Wer wer ist, das verfliegt schnell. Anstatt dass er die Geschichte und die Figuren sorgfältiger aufbaut, springt Jürgen Seidel stümperhaft hin und her. Der Roman enthält so viel Gutes, daher sind diese Erzählfehler und die verzichtbaren Ausschweifungen ins Heute, die mich den Roman negativ bewerten lassen, so einschneidend für mich. „Die Rettung der Welt“ wäre ansonsten ein kleines Juwel geworden.

dtv, 478 Seiten; 16,90 Euro


Ferdinand von Schirach

daumen rauf

Strafe

StrafeWas ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Wie wurden wir, wer wir sind? In diesem Buch werden zwölf Schicksale geschildert. Aber eigentlich sind es ja viel mehr, denn es gib immer mehrere Seiten, die es zu betrachten gilt. Es ist oft schwer, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von „gut“ und „böse“ sind. Die Geschichten erzählen in ruhiger und distanzierter Gelassenheit von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern.

Der große Bestsellerautor Ferdinand von Schirach, der Spaziergänge durch die Stadt liebt, aber durch den Wald grässlich findet, ist ein eloquenter, interessierter und aufgeweckter Gesprächspartner und Zuhörer. Das merkt man auch seinen Charakteren und Geschichten an, denn sie verraten unheimlich viel über die Menschen, ihre Gefühle und ihre Abgründe. Gleich in der ersten seiner zwölf Stories erfährt man, was der Vor- und Nachteil eines Schöffen ist, und wie das Schöffendasein auch eine Art Gefängnis darstellt; in einer weiteren Geschichte erleben wir eine a la John Grisham. Ein abgehalfterter Anwalt übernimmt einen aussichtslosen Mordfall und überrascht im Gericht mit einem Detail, das keinem zuvor aufgefallen war; eine andere Story handelt von einem kleinen Mann, der es hasst klein zu sein. Als das Leben ihm dann plötzlich eine illegale Chance bietet, über seine Körpergröße hinauszuwachsen, ergreift er sie. Mit Erfolg? Und auch alle andere Stories zeigen dem Leser überraschende Rechtsfälle auf. Ferdinand von Schirach schafft es erneut, mit stilistisch feiner Feder von der „Strafe“ die dem Menschen zu Teil wird, zu erzählen. Doch wer wird hier wirklich bestraft? Ist es immer der Täter? „Strafe“ bietet zwölf Stories, die unter die Haut gehen!

Luchterhand, 192 Seiten; 18,00 Euro


Domenico Starnone

daumen rauf

Auf immer verbunden

Auf immer verbundenVanda und Aldo können auf ein langes gemeinsames Leben zurückblicken, auch wenn sie nicht immer glücklich waren. Wie bei vielen Paaren erstickte auch ihre Beziehung irgendwann in Routinen. Als Aldo dann die jüngere Lidia kennenlernt, scheint die Ehe endgültig zerbrochen. Doch die neue Liebe kann die Bande, die die Kinder geknüpft haben, nicht lösen, und so kehrt Aldo nach Hause zurück. Inzwischen sind seit dem Bruch Jahrzehnte vergangen, und die Wunden der einstigen Verletzungen scheinen geheilt – bis zu jenem Tag, als die alte Narbe plötzlich schmerzhaft aufbricht …

Die Liebe kann den Himmel auf Erden bedeuten, aber auch zu einem Minenfeld werden, das bei jedem Schritt einen Teil von einem abreißt. Liebe ist ein langer Weg, der nur allzu oft nicht das hält, was man sich davon versprochen hat. Zwei Menschen können sich, trotz der großen Liebe, so unterschiedlich weiterentwickeln, dass das Pflänzchen Liebe, das man jeden Tag aufs Neue pflegen muss, nach und nach verdörrt. Davon erzählt „Auf immer verbunden“. Ein absolut ehrlicher Roman über die Liebe!

DVA, 172 Seiten; 18,00 Euro


Ulrich Chaussy

Rudi Dutschke – Die Biographie

Rudi Dutschke Die Biographie

„Achtundsechzig“ ist in der Bundesrepublik mit dem Namen Rudi Dutschke verbunden. Er war Gesicht und Stimme der deutschen Studentenbewegung, repräsentierte Aufbruch und Generationenkonflikt wie kein zweiter. Die Biographie zeichnet das Bild eines mitreißenden Menschen, dem nur wenige Jahre öffentlichen Wirkens gegönnt waren, bis ein Rechtsradikaler ihn bei einem Attentat schwerst verletzte. Niemand anders hat der 68er-Bewegung so sehr seinen Stempel aufgedrückt wie Rudi Dutschke (1940-1979). Mit ihm ist die Revolte der Studenten mehr als nur verbunden – seine individuelle Biografie ist mit dem Verlauf einer kollektiven Bewegung eins geworden insbesondere durch das Attentat vom Gründonnerstag 1968, das er nur um Haaresbreite überlebte und an dessen Spätfolgen er schließlich starb.

Wer sich mit der 1968er-Bewegung in Deutschland beschäftigt, dem ist der Name Rudi Dutschke unweigerlich ins Gedächtnis gebrannt. Über diesen engagierten und klugen Mann hat Ulrich Chaussy nun eine zeitgeschichtlich interessante und spannende Biographie geschrieben. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann, so sehr fesselt einen der Lebensweg des Rudi Dutschke. Ulrich Chaussy hat mit dieser Biographie ein eindrucksvolles Werk geschrieben.

Droemer, 448 Seiten; 19,99 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Jörg Maurer

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt mp3

Kommissar Hubertus Jennerwein gönnt sich eine Auszeit. Aber schon vor der geplanten Abreise trifft er auf dem Bahnhof einen Kommissar-Kollegen aus dem Allgäu und wird aufgehalten. Dann erreicht Jennerwein ein Hilferuf aus dem Kurort: Ursel Grasegger, Bestattungsunternehmerin a. D., hat eine blutige Morddrohung gegen Ignaz erhalten. Ihr Mann ist seit Tagen unauffindbar. Ist er in den Händen von Entführern? Oder hat er heimlich etwas Illegales geplant, was nun schiefgegangen ist? Jennerwein verspricht Ursel, Ignaz’ Spur außerdienstlich zu verfolgen – und auf einmal steht Jennerwein vor dem Abgrund seiner Polizeikarriere …

„Am Abgrund lässt man gern den Vortritt“ ist der zehnte Fall für den Kult-Kommissar Hubertus Jennerwein. Ein spannender, sehr ereignisreicher und zum Schmunzeln animierender Krimi! Mafia, Clowns und ein ungeheuerliches Vorgehen bei der Krankenversicherung. Das sind die großen Schlaglichter von „Am Abgrund lässt man gern den Vortritt“. Aber es gibt natürlich noch so viel mehr, was im zehnten Fall vom Jennerwein so alles passiert. Ein besonderes Schmankerl ist der Auftritt des anderen bayerischen Kult-Kommissars, Kluftinger. Das liegt weniger an dem, was er in Verbindung mit Jennerwein macht, denn das ist nicht viel, als in der Interpretation von Jörg Maurer. Er liest die Stellen in einem herrlichen Allgäuer Dialekt. Schmunzeln XXL! Doch nicht nur diese Textstelle ist gut gelesen, sondern der ganze Roman. Eine Lesung wie eine bayerische Theateraufführung! Jörg Maurer kann’s. Zum Hörbuch gibt es noch eine Bonus-CD, mit Auszügen aus den ersten neun Alpenkrimis. Hörprobe

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt

Auch als Paperback erhältlich bei Scherz, 14,99 Euro.

Argon Hörbuch, 7 CDs, 546 Minuten; 19,95 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 09.04.2018 – Nr.503


Fernando Aramburu

daumen rauf

Patria

Patria

Bittori sitzt am Grab ihres Mannes Txato, der vor über zwanzig Jahren von Terroristen erschossen wurde. Sie erzählt ihm, dass sie beschlossen hat, in das Haus, in dem sie wohnten, zurückzukehren. Denn sie will herausfinden, was damals wirklich geschehen ist, und wieder unter denen leben, die einst schweigend zugesehen hatten, wie ihre Familie ausgegrenzt wurde. Das Auftauchen von Bittori beendet schlagartig die vermeintliche Ruhe im Dorf. Vor allem die Nachbarin Miren, damals ihre beste Freundin, heute Mutter eines Sohnes, der als Terrorist in Haft sitzt, zeigt sich alarmiert. Dass Mirens Sohn etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun hat, ist Bittoris schlimmste Befürchtung. Die beiden Frauen gehen sich aus dem Weg, doch irgendwann lässt sich die lange erwartete Begegnung nicht mehr vermeiden…

„Patria“ heißt Vaterland, Heimat. Etwas was in Spanien auch in der Gegenwart wieder sehr aktuell zum Tragen kommt. Damals waren es die Basken und ihre Terrorgruppe die ETA. Heute sind es die Katalanen, die sich von Spanien befreien wollen. „Patria“ war in Spanien ein sensationeller Nr.-1-Bestseller! Ein ungeheuer intensiver Roman über Hass, Fanatismus, Schuld, Verzweiflung, Freundschaft, Familie und die Liebe. Fernando Aramburus Sprache klingt wie ein herausragend komponiertes klassisches Musikstück. Literatur in seiner schönsten Form, aber mit einer Geschichte die schmerzt und erschüttert. Fernando Aramburus Erzählform ist spannend, da er die Geschehnisse nicht chronologisch erzählt, sondern Gegenwart und Vergangenheit immer wieder mischt. Für den Leser ist es ansprechend, die Geschichte und ihre Charaktere so kennenzulernen, sie zu erforschen, zu verstehen. „Patria“ ist ein literarisches Fest!

Patria mp3

Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Ein großartiger Roman gelesen von einer der großartigsten deutschen Hörbuchsprecherinnen, Eva Mattes. 29,95 Euro. Hörprobe

Rowohlt, 765 Seiten; 25,00 Euro


C. Bernd Sucher

daumen runter

Suchers Welt – Film

Suchers Welt Film

Herausragende Filme, großes Kino – bei der Flut an bewegten Bildern, die über unsere Kinoleinwände und Fernsehbildschirme flimmern, braucht es manchmal den Blick des Kenners, um das Besondere zu finden oder in Erinnerung zu rufen. C. Bernd Sucher, Kritiker und Autor, stellt in diesem Band seine persönlichen Favoriten der Filmgeschichte vor. Und eins schon vorab: C. Bernd Sucher hat weder den Blick eines Kenners für herausragende Filme und das große Kino, noch schreibt er klug, sondern sehr selbstverliebt. In diesem Buch stellt der er 49 Filme vor.

Ich interessiere mich schon seit meinem sechsten Lebensjahr für das Thema Film, also fast vier Jahrzehnte. Ich kann behaupten, ich kenne mich nicht nur mit Büchern, sondern auch mit Filmen sehr gut aus. Daher war ich sehr erfreut, als mir dieses Buch in die Hände kam. Doch schnell musste ich feststellen, dass für einen wahren Filmfreund dieses Buch eine absolute Zumutung ist. Wenn man einen so eingeschränkten Blickwinkel auf die vielen tollen Filme aus fast einem Jahrhundert Filmkunst hat wie C. Bernd Sucher, dann sollte man definitiv kein Empfehlungsbuch über Filme schreiben. Seine Filmliste ist angestaubt und die Kommentare dazu belanglos. Dieses Buch schreit geradezu vor Ahnungslosigkeit!

Droemer, 206 Seiten; 15,00 Euro


Nick Littlehales

daumen rauf

Sleep – Schlafen wie die Profis

Sleep Schlafen wie die ProfisSchlaf-Coach Nick Littlehales berät internationale Spitzensportler (darunter Cristiano Ronaldo, Manchester United, die Radsportler von Team Sky), wie sie durch eine erprobte Schlafstrategie ihre Leistungsfähigkeit erhalten und steigern können. Jetzt teilt der Schlafguru seine Methoden mit uns allen. Auf Grundlage der Schlafforschung hat er ein Programm entwickelt, das jedem von uns in überschaubaren Schritten hilft, abzuschalten, besser zu schlafen und sich optimal zu erholen. Wir lernen, unseren Schlafzyklus zu erkennen und die besten Bedingungen für die Nachtruhe zu schaffen. Und er räumt mit so einigen Schlafmythen auf.

Ein erholsamer Schlaf ist wichtig! Wer kennt diese Aussage nicht. Aber es gibt viele Menschen, die sind davon weit entfernt. Die Gründe sind unterschiedlich. Dieses Buch will Abhilfe schaffen, damit auch diese Menschen einen besseren Schlaf finden. Der Schlafprofi Nick Littlehales geht dabei auf z. B. folgende Punkte ein: „Nicht Stunden, sondern Zyklen schlafen“, „Gewohnheiten für vor und nach dem Schlaf“, „Nützliche Nickerchen – Aktivität und Erholung harmonisieren“, „Das Bett neu erfinden“, „Die Schlafumgebung“ und „Schlafprobleme“. „Sleep – Schlafen wie die Profis“ ist ein Buch, das Ihren Schlaf verbessern und Ihre Gesundheit damit fördern wird, denn ein erholsamer und richtiger Schlaf, bringt mehr Energie für den Tag, für das ganze Leben!

Knaus, 236 Seiten; 16,00 Euro


James Baldwin

daumen rauf

Von dieser Welt

Von dieser WeltJohn Grimes ist ein schwarzer, empfindsamer Junge aus Harlem, sexuell unschlüssig, seine einzige Waffe zur Selbstverteidigung ist sein Verstand. Aber was nützt es, von den weißen Lehrern gefördert zu werden, wenn der eigene Vater einem tagtäglich predigt, man sei hässlich und wertlos, solange man sich nicht von der Kirche retten lässt. John sehnt sich danach, selbst über sein Schicksal zu entscheiden, nicht sein Vater, den er trotz allem liebt, nicht ein Gott, den er trotz allem sucht. Als am Tag von Johns vierzehntem Geburtstag sein Bruder Roy von Messerstichen schwer verletzt nach Hause kommt, wagt John einen mutigen Schritt, der nicht nur sein eigenes Leben verändern wird.

Einst ein Buch, das die Welt veränderte. Die Originalausgabe erschien 1953. Nun liegt eine Neuübersetzung vor. Die Wiederentdeckung von James Baldwin ist ein Segen für die Literatur. Sein Stil ist literarischer Gospel! „Von dieser Welt“ ist eine berührende und mitreißende Geschichte, die immerzu nachdenklich stimmt und an Aktualität nichts verloren hat. John Grimes ist ein ganz besonderer Alltagsheld. „Von dieser Welt“ ist ein meisterhafter Klassiker!

dtv, 320 Seiten; 22,00 Euro


Jan Guillou

Der Sohn

Der Sohn

Schweden in den 1950er-Jahren: Eric, der Enkel von Oscar Lauritzen, lebt mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder Axel im vornehmen Stockholmer Vorort Saltsjöbaden. Er führt das behütete Leben der Oberschicht, fernab von aller Armut und Not. Als Erics Vater sich als ungeeignet erweist, das riesige Familienimperium Lauritzen zu übernehmen, fällt die Wahl auf den jungen Eric. In den Augen seines Großvaters besitzt er den nötigen Ehrgeiz, den eine solche Position verlangt. Eric setzt fortan alles daran, den Ansprüchen zu genügen, doch ein tragisches Ereignis zerstört alle Pläne. Plötzlich mittellos geworden, muss Eric seinen Weg finden. Doch er wäre kein echter Lauritzen, wenn ihm das nicht bravourös gelänge.

Der Schwede Jan Guillou gehört zu den Besten seines Fachs! Kriminalroman, Historienroman, er kann beides, und dass ausgesprochen gut. Seit Jahrzehnte ist er eine sichere Bank für gute Bücher! „Der Sohn“ ist nun der sechste Band seiner „Brückenbauer“-Serie. Zuletzt erschienen „Schicksalsjahre“ und „Die Schwestern“. „Der Sohn“ knüpft an die große Klasse dieser Reihe an. Die „Brückenbauer“-Serie ist großartige Unterhaltungsliteratur!

Heyne, 429 Seiten; 20,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Minette Walters

Die letzte Stunde

Die letzte Stunde

Südengland, Juli 1348: An der Küste ist die Pest ins Land gekrochen. Binnen kürzester Zeit entvölkert sie ganze Landstriche, Angst und Panik regieren. Allein Lady Anne, die Herrin von Develish, nimmt das Heft in die Hand. Sie bringt all ihre Schutzbefohlenen auf ihrem Anwesen in Sicherheit und lässt die Zugangsbrücke verbrennen. In ihrem kleinen Reich zählen nicht mehr gesellschaftliche Konvention und Rang, sondern Einsatz für die anderen. Als neuen Verwalter setzt Anne Thaddeus ein, den niedrigsten, aber klügsten ihrer Diener. Doch kann sich die Schicksalsgemeinschaft gegen die schreckliche Krankheit behaupten, die vor ihren Toren tobt? Gegen die Verzweifelten und Raffgierigen, die Develish angreifen? Werden die kargen Vorräte reichen?

Die einst größte Krimi-Queen Europas, die Engländerin Minette Walters, kehrt nach einer langen Schreibpause dem Kriminalroman den Rücken und wendet sich dem historischen Roman zu. Und was soll man sagen, der Schritt in die Historie ist ihr durchaus gelungen. Von ihren Krimis war ich durchweg begeistert, ihr erster historischer Roman kann mit ihren herausragenden Kriminalromanen nicht mithalten, aber er ist weitaus besser, als ich es vermutet hatte. Minette Walters, von Europas Krimi-Queen zu Europas Historien-Lady? „Die letzte Stunde“ ist ein guter Anfang! Die Abwegigkeit, dass der Glaube an Gott die Pest verhindern würde, die kommt hier sehr gut zu Geltung. Die Kirche meint, das wird schon, einmal in die Kirche gehen und zahlen und alles wird gut, nein, das half nicht. Minette Walters schreibt hier äußerst spannend, wie die Pest klein beginnt und dann nach und nach das ganze Land überzieht, Millionen Mensche tötet. Welche Verbrecher die Kirchenleute waren und ebenso der Adel. Doch gegen die Pest sind sie alle machtlos. Minette Walters lässt die Geschichte auf eher kleinen Raum spielen und lässt auch hier ihren Charakteren viel Platz zur Entfaltung. Und hier tun sich viele Abgründe auf. Hervorragend gelesen von Gabriele Blum, Jahrgang 1954. Sie verleiht der Geschichte einen edlen Ton. Hörprobe

Die letzte Stunde Cover

Auch als Hardcover erhältlich bei Heyne, 22,00 Euro

Random House Audio, 2 MP3 CDs, 880 Minuten; 22,00 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 16.04.2018 – Nr.504


Melodie Winawer

daumen rauf

Die Liebenden von Siena

Die Liebenden von Siena

Das Leben der Neurochirurgin Beatrice Trovato besteht fast nur aus ihrer Arbeit. Als ihr Bruder stirbt, fliegt sie nach Siena um seinen Nachlass zu ordnen. Auf einem Kirchenfresko des berühmten Malers Accorsi aus dem 14. Jahrhundert entdeckt sie sich selbst – wie ist das möglich? Tags darauf erwacht sie im mittelalterlichen Siena. Für die Ärztin ist es ein Schock: spielt ihr das Gedächtnis einen Streich? Erst langsam findet Beatrice sich in der neuen Zeit zurecht und öffnet ihr Herz für die ursprüngliche Schönheit des mittelalterlichen Lebens. Als sie Accorsi kennenlernt, verliebt sie sich unsterblich in ihn. Aber mit Ausbruch der Pest ist nicht nur ihr Leben, sondern auch die Existenz von Siena bedroht, und Beatrice muss sich entscheiden, in welches Jahrhundert sie gehört.

Ein Zeitreise-Roman der besonderen Art! Eine starke weibliche Hauptfigur trifft hier auf eine gute Geschichte in einer außergewöhnlichen Zeit und Epoche. Die Amerikanerin Melodie Winawer erfüllt sich mit ihrem ersten Roman wohl auch einen Traum. Sie ist Professorin für Neurologie an der Columbia-Universität in New York, sie spricht Italienisch und reist am liebsten nach Italien. Somit hat sie alles, was sie aus ihrem Leben kennt und was ihr wichtig ist, in diesen Roman gepackt. Und man merkt dem Buch die Kenntnisse seiner Autorin an. Es ist vollgepackt mit interessanten Aspekten und mit viel Liebe zum Detail geschrieben. Melodie Winawer lebt ihre Geschichte. Den Leser freut es, solch einen stilvollen Zeitreise-Roman in Händen zu halten. Sie werden sich in „Die Liebenden von Siena“ verlieben!

List, 527 Seiten; 16,00 Euro


Wimmer Wilkenloh

daumen runter

Teufelsintervall

Teufelsintervall

Der vermeintliche Unfalltod des Kommando-Soldaten Gerd Lutze wird von einem Erfolgsregisseur als Spielfilm umgesetzt. Merkwürdige Vorfälle während der Dreharbeiten sollen von Jan Swensen und seinen Kollegen von der Husumer Kriminalpolizei aufgeklärt werden. Im Filmteam wird von Verschwörung gesprochen, doch erst als ein Mord geschieht, wird auch wirklich ermittelt. Aber was hat das alles mit dem Deutschtürken Gülcan Bayar aus Husum zu tun, der von den USA als Terrorist nach Guantanamo verschleppt wurde? Und was macht der Autor Wimmer Wilkenloh in seinem eigenen Roman? Findet sich eine Antwort in dem Film, dessen brisante Story bis ins Kanzleramt zu Frank-Walter Steinmeier führt?

„Teufelsintervall“ ist der siebte und letzte Fall für Jan Swensen und seine Kollegen. Die Geschichte hört sich spannend an, aber auch etwas abstrus, wenn der Autor selbst ein Teil seines eigenen Kriminalromans wird. Ich ließ mich auf die Geschichte ein, und wurde sehr schnell enttäuscht. Die Story an sich ist ganz gut, aber die Umsetzung schlittert sehr oft an der Katastrophe entlang. Wimmer Wilkenloh verliert sich in so viel Unwichtigem und ebenso vielen Nebensächlichkeiten, dass einem schwindelig wird. Um einen spannenden und ausgewogenen Kriminalroman mit 600 Seiten schreiben zu können muss man ein sehr guter Autor sein. Das ist Wimmer Wilkenloh nicht. Denn von den 600 Seiten sind gut 250 Seiten absolut belanglos für den Kern der Geschichte.

Gmeiner, 600 Seiten; 15,00 Euro


Arthur Isarin

daumen rauf

Blasse Helden

Blasse HeldenDer romantische Deutsche Anton zieht zu Beginn der 1990er Jahre nach Moskau. Hier hofft er jene Leichtigkeit und Freiheit zu finden, die er im Westen vermisst. Engagiert wird der 32-Jährige Deutsche von einem Rohstoffhändler, der für seine riskanten Geschäfte in der rapide zerfallenden Sowjetunion einen zuverlässigen Mann sucht. Anton hat keine politische Haltung, stellt keine moralischen Fragen und beherrscht die Kunst lässig-dionysischen Gleitens. Es verlangt ihn nach schönen Frauen, der hohen Kultur und, natürlich, Geld. Schnell erhält Anton Zugang zu den neuen Eliten des Landes. Er lässt sich treiben und führt als „blasser Held“ ein bizarres Leben unter kultivierten Banditen, Künstlern, Geheimdienstleuten, Betrügern, korrupten Unternehmern, Kokotten und mittellosen Schönheiten.

Wollen Sie das Lebensgefühl des Russlands der wilden 1990er Jahre erleben? Dann lesen Sie „Blasse Helden“! Arthur Isarins Helden sind desillosiniert, kreativ, liebenswert, aber auch hart, cool und fragwürdig. Hier finden sich alle. Anton selbst ist, ja, ein Gleiter. Er kommt klar mit denen, die ihm begegnen. Arthur Isarins Dialoge sind pointioniert und stecken voller Klarheit und Leben. Alleine durch die Dialoge lernt man das Russland von damals kennen. Er kommt immer gleich zur Sache, schreibt nicht lange drumherum. So entwickelt die faszinierende und ereignisreiche Geschichte einen unglaublichen Sog. Man wird ein Teil vom 1990er-Russland.

Knaus, 318 Seiten; 22,00 Euro


Lisa Jackson

daumen rauf

You will pay – Tödliche Botschaft

You will pay Tödliche BotschaftCamp Horseshoe, Oregon: Vor zwanzig Jahren arbeitete eine Gruppe von Jugendlichen als Betreuer in einem Ferienlager. Nachts, wenn ihre Schützlinge im Bett lagen, schlichen sie sich aus ihren Hütten, hatten Sex, feierten wilde Partys mit Alkohol und Drogen, spannen Intrigen – bis etwas gründlich schief ging und zwei von ihnen spurlos verschwanden. Die polizeilichen Ermittlungen dazu liefen ins Leere, die Akte wurde geschlossen. Heute, zwei Jahrzehnte später, tauchen Knochen auf dem Grundstück des Feriencamps auf. Detective Lucas Dalton, einer der damaligen Betreuer, möchte den Fall erneut aufrollen.

Die amerikanische Thriller-Queen Lisa Jackson lässt das Herz ihrer Leser wieder rasen! „You will pay“ ist ein durchdachter Thriller mit einer fesselnden Story. Ich finde diese Art von Geschichten, Geheimnisse aus der Jungendzeit, die dann im Heute ihre düsteren Schatten aufziehen lassen, sehr prickelnd. Lisa Jackson beschert dem Leser spannende Lesestunden!

Knaur, 525 Seiten; 14,99 Euro


Walt Whitman

Der schöne Mann

Der schöne Mann

Männer denken einfach zu viel. Und sie lassen sich immer wieder einreden, Schönheit wäre eine Sache der Frauen, reine Haut, leichtfüßige Bewegungen, eine klangvolle Stimme. Walt Whitman, Begründer der modernen amerikanischen Dichtung, kannte die Wahrheit. Mit „Der schöne Mann“ schrieb er eine Hymne auf den männlichen Körper und einen Leitfaden, wie man seine Möglichkeiten voll ausschöpft. Das reicht von einer reinen Fleischdiät über das Rezitieren von Gedichten im Freien und sorgloses Tanzen bis zu Bare Knuckle Fights.

„Der schöne Mann“ erschien 1858 in dreizehn wöchentlichen Kolumnen im „New York Atlas“ und war 150 Jahre lang verschollen. Die Liebhaber von Walt Whiteman (1819 – 1892) werden jubeln, endlich dieses Buch in einer deutschen Ausgabe in Händen zu halten. Der Ratgeber für den Mann regt auf nicht wenigen Seiten zum schmunzeln an, in 150 Jahren hat sich doch so einiges verändert. Doch für jeden männlichen Leser ist dieses Buch ein echter „Hingucker“! Lesen und staunen, was Walt Whitemann vor eineinhalb Jahrhunderten aufschrieb, wie der normale Mann zu einem schönen Mann wird.

dtv, 279 Seiten; 18,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Cixin Liu

Der dunkle Wald

Der dunkle Wald

Der erste Kontakt mit einer außerirdischen Spezies hat die Menschheit in eine Krise gestürzt, denn die fremde Zivilisation hat sich Zugang zu jeglicher menschlichen Informationstechnologie verschafft. Der einzige Informationsspeicher, der noch vor den Aliens geschützt ist, ist das menschliche Gehirn, weshalb das „Wallfacer-Projekt“ ins Leben gerufen wird. Vier Wissenschaftler sollen die ultimative Verteidigungsstrategie gegen die Aliens ausarbeiten – doch können sie einander trauen?

Nach dem sensationellen Besteller „Die drei Sonnen“ ist „Der dunkle Wald“ der zweite Teil der „Trisolaris“-Trilogie. Spektakulär! Großartig! Die „Trisolaris“-Trilogie ist Science-Fiction für Fortgeschrittene! Wer hier gewohnte Muster des Genres erwartet, der wird sich wundern, denn er findet sie nicht. Der Chinese Cixin Liu hat hier etwas ganz Neues erschaffen, was man in dieser Qualität in diesem Genre nicht allzu oft zu lesen und zu hören bekommt. Gelesen wird dieses großartige Genre-Werk von Mark Bremer. Ein großartiger Geschichtenerzähler. Es passt also perfekt zusammen – Geschichte und Sprecher. Zudem liegt das Hörbuch in der ungekürzten Fassung vor. „Die drei Sonnen“ sind derweil als Hörspiel erschienen. Random House Audio hat den Fans und Zuhörern damit ein großes Geschenk bereitet. Als Sprecher mit dabei sind Falk Rockstroh, Boris Jacoby, Mareike Hein, Roman Knizka, Robert Gallinowski, Mark Oliver Bögel, Katharina Schmalenberg, u. v. a.. Hörprobe

Der dunkle Wald cover

Auch als Paperback erhältlich bei Heyne, 16,99 Euro.

Random House Audio, 3 MP3 CDs, 1.315 Minuten; 16,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 23.04.2018 – Nr.505


Lydia Benecke

daumen rauf

Psychopathinnen

Psychopathinnen

Frauen sind wehrlos, sie leiden, sie dulden, sie verzeihen. Doch wenn die Psychopathie in ihrer Seele sich Bahn bricht, töten sie ebenso grausam und skrupellos wie Männer. Lydia Benecke analysiert neueste Forschungsergebnisse zum Thema weibliche Psychopathie und zeigt an aktuellen und historischen Fällen, wie sich Psychopathinnen die Rollenklischees von Frauen zunutze machen. Denn Frauen planen ihre Verbrechen nicht nur eiskalt, sie bleiben auch länger unentdeckt. Und häufig richten sich die Taten von Psychopathinnen gegen die eigene Familie.

Eine beeindruckende Betrachtung der Täterinnenpsyche! Spannend und aufschlussreich. Frauen die zu Täterinnen werden, Lydia Benecke stellt in ihrem Buch eindrucksvoll unter Beweis, wie manipulativ und emotionslos Frauen handeln können. Besonders beschäftigt sich Lydia Benecke mit dem aufsehenerregenden Fall der Amerikanerin Elizabeth Diane Downs, der fast die Hälfte des Buches ausmacht. EDD wird als Kind misshandelt und sie bekommt einen verquerten Blick auf das, was Liebe bedeutet. Und genau das setzt sie in ihrem Leben fort, sucht in ihren Kindern Liebe, findet sie nicht, misshandelt sie, hatte wahrlich massenhaft unterschiedliche Sexualpartner, obwohl sie währenddessen fast immer irgendwie in einer „festen“ Beziehung lebte. Der Fall der EDD läuft auf eine extrem schreckliche Tat hinaus. Aber auch die anderen im Buch geschilderten Fälle zeigen auf, dass Frauen, meist aus Vernachlässigung oder Misshandlung in ihrer Kindheit oder durch einen Partner, zu Killerinnen werden. So auch der Fall, der wohl bekanntesten Seriemörderin der Welt, Aileen Wuornos, auf den Lydia Benecke eingeht.

Lübbe, 430 Seiten; 18,00 Euro


Schlecky Silberstein

daumen runter

Das Internet muss weg

Das Internet muss weg

„Das Internet ist die größte Verarschungsmaschine aller Zeiten!“. Das sagt der Autor, der Blogger ist und wohl auch sehr bekannt. Ich kannte ihn bis zu diesem Buch nicht, obwohl ich auch schon seit 1999 im Netz aktiv bin. Das Internet: Mittlerweile ist das eingetreten, was in den 1970ern Science-Fiction-Dystopien phantasiert haben, zwei Handvoll Konzerne haben große Macht auf dieser Welt. Der Autor meint, dass unsere größten gesellschaftlichen Probleme auf das Internet zurückgehen. Eine absolut irrsinnige und einseitige Betrachtung, wie das ganze Buch. Das Internet hat so viel Gutes hervorgebracht (natürlich auch weniger Gutes), aber das interessiert den Autor nicht. Daher muss ich leider schon im Eingangstext Kritik anbringen, da der Autor und der Verlag schon hier „Fake-News“ verbreiten.

Ich habe in den letzen Jahren kein Buch gelesen, bei dem der Buchtitel so falsch und irreführend war wie bei diesem. „Das Internet muss weg“. Wenn jemand so etwas schreibt, dann gehe ich davon aus, dass er alle Bereiche des Netzes meint. Vom Online-Shopping, den Nachrichten-Seiten, Soziale Medien, Wetter-, Medizin- und andere Hilfsseiten, alle Streamingdienste (Musik, Film, eBooks) und noch so vieles mehr. Ich erwartete zu all diesen und noch mehr Themenbereichen in diesem Buch, warum man das, laut Autor, wieder alles weghaben will. Das stichhaltig und nachvollziehbar formuliert. Doch der Autor ist tatsächlich so dreist, das Internet praktisch nur auf soziale Medien, Facebook, Google & Co., zu reduzieren. Bereiche, die im Netz viele auch gar nicht interessieren. Daher ist dieses Buch so nur was fürs Altpapier. Wenn der Autor den Titel gewählt hätte „Facebook und Google, die müssen weg“, dann hätte das den wahren Inhalt des Buches wiedergegeben (das Buch enthält in diesem Kontext durchaus erschreckende Informationen). Doch verkaufsfördernder ist sicher der gewählte Titel des Buches, auch wenn er überhaupt nicht den Inhalt wiedergibt.

Knaus, 271 Seiten; 16,00 Euro


Wlada Kolosowa

daumen rauf

Fliegende Hunde

Fliegende HundeOksana und Lena wachsen in einem tristen Vorort von St. Petersburg auf. Sie teilen alles: Träume, Sorgen, erste Berührungen – Nächte, die es nicht geben darf. Um ihnen zu entkommen, zieht Lena zum Modeln nach China, wo ihr Körper Fotografen, Agenten und schmierigen Kunden gehört. Oksana taucht immer tiefer in eine Online-Community ab, in der Magersüchtige die Belagerung von Leningrad nachahmen und Rezepte für Ledergürtelsuppe und Erdkaffee austauschen. Als Lena in den Ferien nach Hause kommt, müssen beide Entscheidungen treffen.

Das aufwühlende und zugleich moderne Porträt zwei junger russischer Frauen in unserer heutigen Zeit! Obwohl Russland natürlich eine entscheidende Rolle spielt, so könnte die Geschichte der beiden Mädchen aber auch in einem anderen Land spielen, die Probleme würden nahezu die gleichen bleiben. Die Definition über den Körper, das ist die eigentliche Geschichte des Romans. Schlanksein über alles, denn nur so kann man wirklich ein besseres Leben haben, vor allem wenn man aus einer kleinen russischen Stadt kommt. Das suggeriert die Geschichte, und trifft damit ja tatsächlich den Nerv der Zeit. Zudem nimmt sich der Roman auch den anderen Problemen an, wenn man Erwachsen wird. „Fliegende Hunde“ wird Ihnen noch lange in Ihrem Kopf herumschwirren, auch wenn Sie das Buch schon zugeschlagen haben.

Ullstein, 224 Seiten; 20,00 Euro


Markus Heitz

daumen rauf

Die Klinge des Schicksals

Die Klinge des SchicksalsSeit vor 150 Jahren der Wald in Yarkin begonnen hat, sich unaufhaltsam auszubreiten, sind die Menschen immer weniger geworden. Die letzten Überlebenden wurden auf eine Halbinsel zurückgedrängt. Immer wieder hat man Expeditionen ausgesandt, um ein Mittel gegen das Vordringen der Bäume zu finden – keine kehrte zurück. Bis die legendäre Kriegerin Danèstra auf Kalenia trifft, die von einer Siedlung im Wald und einem grausamen Überfall erzählt, der das wahre Böse offenbart habe; und von einer Verschwörung unter den Menschen, die nur sie, Kalenia, aufdecken könne. Sie bittet die Kriegerin um Hilfe. Doch kann Danèstra ihr wirklich trauen?

Markus Heitz ist der deutsche George R. R. Martin! Oder doch der deutsche J. R. R. Tolkien? Markus Heitz vereint viele internationale Bestsellerautoren in einer Person, denn wenn man die Historie seiner Bücher betrachtet, kann man nur sagen: atemberaubend! Er schreibt einen fantastischen Bestseller nach dem anderen. Auch mit seinem neuesten Werk „Die Klinge des Schicksals“ beweist er wieder sein großes Können. Spektakulär, überraschend und extrem einfallsreich und spannend! War wirklich etwas anderes von Markus Heitz zu erwarten?

Knaur, 571 Seiten; 16,99 Euro


Björn Berge

Atlas der verschwundenen Länder

Atlas der verschwundenen Länder

Seit Erfindung der Briefmarke im Jahr 1840 haben mehr als 1.000 Länder ihre eigenen Postwertzeichen gedruckt. Die Motive und Symbole darauf demonstrieren ihr offizielles Selbstverständnis. Die meisten dieser Staaten sind längst von der Karte verschwunden, aber die Marken gibt es noch. Sie sind Zeugnis ihrer früheren Existenz und zugleich eine Spur in die Vergangenheit. 50 Länder erweckt der Autor anhand von Dokumenten und Augenzeugenberichten wieder zum Leben.

Der Norweger Björn Berge, ein leidenschaftlicher Sammler von Briefmarken, hat mit seiner Leidenschaft zu Briefmarken ein kleines Kunstwerk von einem Buch erschaffen! Anhand von Briefmarken Geschichten von Ländern zu erzählen, die es schon lange nicht mehr gibt, eine super Idee und eine wunderbar gestaltete Umsetzung aus Buch. Die Zeitspanne der verschwundenen Länder reicht von 1840 bis 1975. Darunter sind so Staaten wie Dänisch-Westindien, Ostrumelien, Oranje-Freistaat, Panamakanalzone, Allenstein, Südrussland, Fernöstliche Republik, Freistaat Fiume, Inini, Tuwinische Volksrepublik, Freies Territorium Triest, Ober-Yafi und noch viele mehr.

dtv, 240 Seiten; 26,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Kathy Reichs

Blutschatten

Blutschatten

Sunday Night ist eine Frau mit körperlichen Narben, seelischen Wunden – und Killerinstinkt. Jahrelang lief sie vor ihrer Vergangenheit davon und suchte sich ein Leben, in dem sie niemanden brauchte und nichts spürte. Als ein Mädchen im Chaos einer Bombenexplosion verschwindet, bittet dessen Familie Sunday um Hilfe. Und Sundays Gerechtigkeitssinn und Rachedurst werden geweckt. Ist das Mädchen tot? Hat sie jemand entführt? Falls sie noch lebt, warum kann die Polizei sie nicht aufspüren? Wenn Sunday zurück ins Leben und das verschwundene Mädchen finden will, muss sie sich jetzt endlich ihren eigenen Dämonen stellen.

Die Weltbestsellerautorin geht neue Wege. Sie lässt Tempe Brennan, die sagenhafte „Bones“-Anthropologin, ruhen. Kathy Reichs schickt mit Sunday Night eine neue taffe Ermittlerin in den literarischen Ring. Sunday Night ist, ganz klassisch, eine Privatermittlerin mit einem spannenden psychologischen Hintergrund. Und das hebt die Hauptfigur dann auch von ähnlichen Ermittlerinnen ab. Sunday Nights erster Fall ist spannend, wendungsreich und wartet mit guten Figurenzeichnungen auf. Den Showdown beschreibt Kathy Reichs genüsslich lange, zu Freuden des Lesers und Zuhörers. Die Sprecherin Britta Steffenhagen geht voll in der Figur der Sunday Night auf. Mit ihrer nicht linearen und herben Stimme gibt sie Sunday Night ein Gesicht. Hörprobe

Blutschatten cover

Auch als Hardcover erhältlich bei Blessing, 20,00 Euro

Random House Audio, 2 MP3 CDs, 530 Minuten; 20,00 Euro


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